Montag, 5. Januar 2009

An der Wallstraße stand die Synagoge

Die Wallstraße ist eigentlich ein städtebaulicher Fehlgriff. Nur um wenige Meter stadtauswärts geschoben, hätte sie es ermöglicht, den Stadtgraben mit der Stadtmauer zu erhalten. Warum das nicht gemacht wurde, kann nur damit begründet werden, daß den Entscheidungsträgern in der Stadtverwaltung und anderswo nicht daran lag, den mittelalterlichen Mauerwerksring um die Stadt in Ehren zu halten.Bislang fehlen noch die genaueren Hinweise auf die Entstehungsgeschichte dieser Straße, an der einige Stadtvillen und große Stadthäuser entstanden. Am Rande dieser Straße kam auch die Synagoge der jüdischen Bevölkerung der Stadt zum Bau. Die meisten Hinweise auf dieses Gebäude wurden vernichtet. Während des Dritten Reiches wurde das Gebäude in Brand gesteckt. Man hätte sich direkt nach dem Zweiten Weltkrieg mit dem Bauwerk beschäftigen müssen, um noch zu sichern, was an Archivalien und anderen Hinweisen vorhanden war. Dies wurde jedoch unterlassen.

Heute steht auf dem Gelände, auf dem diese dreijochige Synagoge stand, ein Hallengebäude, das von einer ehemaligen Autoverkaufsfirma aufgebaut wurde, die auch Reparaturen an den Autos vornahm, wenn sie notwendig waren. Es ist denkbar, daß sich die Fundamentreste der Synagoge unter der Halle ausfindig machen lassen.

Man kann in einem Lageplan, der aufgrund eines Hausverkaufs in der Bahnhofsstraße zur Verwendung kam, den Standort dieser Synagoge genau erkennen. Sie muß deutlich über 10m breit gewesen sein und hatte eine Länge von vielleicht etwas über 17m. Man denkt bei dem Anblick des Gebäudes an eine modifizierte Neugotik, die gebaut wurde. Statt der Spitzbögen wurden Rundbögen gewählt. Die Fassadengliederung ist sehr schlicht und regelmäßig. Die Hauptfassade erhielt zur Betonung einen turmartigen Aufbau, der über das Giebeldreieck aufragt, mit einem Rundbogen abschließt, auf dem eine schmiedeeiserne Spitze gen Himmel strebt.


Um die Synagoge scheint eine ausreichend große Grünanlage angelegt gewesen zu sein. Als die Synagoge nach der Brandstiftung zur Ruine verfiel, wird man die Gebäudetrümmer vermutlich in den nahegelegenen Stadtgraben am Wolfsturm geschafft haben, um das Gelände aufzufüllen. Genaue Hinweise darauf fehlen jedoch. Es kann sich also ganz anders verhalten. Da in dieser Zeit die Backsteine noch mit Kalkmörtel vermauert wurden, hätte sich auch eine Wiederverwendung der Backsteine angeboten. Nachweise dazu fehlen bisher.

Die wenigen Fotos und der Lageplan scheinen die einzigen Zeugnisse von diesem Gebäude sein, die sich um Baureste ergänzen liessen, wenn man die Fundamente der Synagoge auffinden würde. Ich schlug deshalb vor, die Synagoge auszugraben, indem man den Hallenboden der ehemaligen Autoreparaturwerkstatt öffnet, um den Ort genauer zu identifizieren. Anschließend könnte in der Halle ein Museum zur Stadtgeschichte eingeräumt werden, oder das Stadtarchiv findet hier seinen Platz.

Die meisten Gebäude an dieser Straße gehören zur Stadterweiterung, die mit dem Auflassen der Stadttore in der Biedermeierzeit zusammenhängt. Zunächst wurde die Chaussée nach Limburg um den Schloßberg herumgeführt, dann legte man die Erschließungsstraßen im Tiergartenviertel an. Schließlich entstanden mit der Zeit die großen Stadthäuser auch an der Wallstraße. Besonders eindrucksvoll ist eine neugotische Backsteinvilla mit schönen Verblendsteinen aus Feinkeramik, sogenannten Quartiersteinen, welche den Bauten eine eindrucksvolle Fassade geben sollten.

Man wird sich mit all diesen Gebäuden genauer auseinandersetzen müssen, da sie große Kostbarkeiten darstellen und mit ihnen eine wichtige Phase der Stadtentwicklung weitergeführt wurde.

Man findet ein Bauwerk mit Mansarddach genauso wie ein solches, dem ein Turm zur Betonung des Villencharakters an einer der Kanten des Gebäudes aufgemauert wurde. Auch das damals in der historistischen Architektur aufgekommene Fachwerkgeschoß ist zu sehen. Bei anderen Gebäuden läßt sich der ursprüngliche Zustand weniger genau im Bestand ablesen. Es müßten unbedingt die Baupläne ausgewertet werden können, um zu wissen, welcher Architekt die jeweiligen Gebäude wann erbauen ließ. Eine ähnliche Qualität der Gebäude trifft man in den anderen Kleinstädten des Westerwaldes an. Es ist dringend notwendig, solche Gebäude in einen Vergleich zu stellen.

Da die Wallstraße recht kurz ist und sich nur wenige Gebäude an der Straße befinden, würde man sehr rasch einen guten Einblick in das erhalten können, was an Architektur aufgebaut wurde. Zunächst müssen jedoch die Archivalien zu den Gebäuden aufgefunden werden, um sie auswerten zu können.




1 Kommentar:

Unknown hat gesagt…

Ich finde es unsäglich einen so schönen blog zu ruinieren, in dem Sie zu jedem Post den Sie tätigen zuerst einmal die Stadt angreifen.
Schade, denn dieser Blog könnte gerade aufgrund einer gewissen objektivität drastisch an wissenschaftlichkeit gewinnen und sich infolge dessen über die reine Kritisierung der versäumnisse der Stadt erheben.