Montag, 29. Dezember 2008

Vom Befestigungswahn zum Autowahn und Abrißwahn in der Stadt Montabaur


Vom Befestigungswahn zum Autowahn und Abrißwahn in der Stadt Montabaur

Die kleine Stadt Montabaur entstand als Ansiedlung auf einem der Ausläufer einer Anhöhe, die zwischen Montabaur und Koblenz liegt. Man nannte das weitläufige Gebiet rund um diese Anhöhe im Mittelalter Spurken- und später Sporkenwald. Diese bewaldete Verwaltungseinheit muß sehr ausgedehnt gewesen sein, denn als man den Grenzziehungen dieses Nutzraumes nachging, stieß man auf ein Ausmaß, das weitgehend das umfaßte, was später Unterwesterwald genannt wurde. Nicht alle Grenzlinien des Sporkenwaldes konnten wissenschaftlich nachgewiesen werden. Die Bezeichnung Westerwald für den geographischen Raum, in dem der Sporkenwald lag, ist wesentlich jünger. Die Anhöhe wird seit längerer Zeit Montabaurer Höhe genannt.

Auf den Rodungsflächen im Sporkenwald siedelten erste Bauern. Ab wann diese Besiedlung anzunehmen ist, läßt sich nur aus archäologischen Funden erschließen. Der weitere Besiedlungsgang nach der Herrschaft des römischen Reiches, dessen Limes durch den Sporkenwald verlaufen war, ist spärlichen schriftlichen Dokumenten zu entnehmen.

Als zentraler Ort bildete sich im Mittelalter Humbach (Himbach, usw.) heraus, das später den Namen Montabaur erhielt. Diese zentrale Funktion behielt der Ort bis heute bei sich. Er wurde inzwischen Sitz des Kreistages des Westerwaldkreises, der früher getrennt als Kreistag des Unterwesterwald- und Oberwesterwaldkreises in Montabaur und Westerburg arbeitete.
Der Ortsname Montabaur setzt sich aus Mons und Tabor zusammen und verweist auf den Berg Tabor in Palästina, den die Kreuzfahrer gesehen hatten. Eine Basaltkuppe im Westerwald hatte Erinnerungen wachgerufen. In einer Urkunde, die auf die Jahre 1319-1323 verweisen soll, erscheint diese Benennung: "Himbach quae nunc Monthabur appelatur". Was landläufig so erwähnt wird: Humbach, welches dann Montabaur genannt wurde. Auf dem Mons Tabor im Westerwald war zuvor eine Burg, daraufhin ein Schloß gebaut worden. Es überragt eindrucksvoll die Kleinstadt unter dem Mons Tabor, der dann mit der Zeit der Name Montabaur (Monthabur, Veste Monthabuyr, usw.) zuwuchs.

Der Bergrücken, von der Montabaurer Höhe herabkommend, auf dem im 18.Jahrhundert die "Chaussee nach Coblenz" angelegt worden ist, endet mit dieser Basaltkuppe, auf der das Schloß ins Land blickt. Zu Füßen dieses Feudalsitzes erstreckte sich zunächst eine unscheinbare ländliche Ansiedlung, die jedoch im Jahre 1291 zur Stadt erhoben und schließlich mit einer Stadtmauer umgeben wurde, wodurch sie als Marktflecken an Bedeutung gewann. Die Stadtmauer bildete mehr eine fiskalische Einheit heraus, zur Verteidigung war sie weniger zu gebrauchen, da ihr Zustand in den Quellen eher mit schlecht bezeichnet wird. Da der Zuzug in mittelalterliche Städte streng reglementiert war, entsprach die Stadtmauer auch dem ständestaatlichen Denken.
Wer in einer solchen Stadt lebte, unterlag einer umfassenden Kontrolle und schlimmen Einschränkungen der persönlichen Lebensentfaltung. Über allem wachte die christliche Kirche und eine fragwürdige Obrigkeit. Durch den Glauben waren die Bewohner an das ständestaatliche System angebunden, das den Einwohnern unabänderlich, da von Gott eingesetzt, erschien. Sich von einer Stadtmauer umgeben zu sehen, mochte manchmal als Schutz erscheinen, aber es bedeutete vor allen Dingen Reglementierung der vielfältigen Lebenszusammenhänge. Eine solche Stadtmauer diente also vielen Zwecken gleichzeitig. Der militärische Aspekt war dabei der geringste. Der Anblick dieser ummauerten Stadt hat sich auf einem Gemälde erhalten.
Geht man den Resten der Stadtmauer nach, lassen sich dichte und weniger dichte Besiedlungsspuren innerhalb des Berings ausmachen. Eng ist die Bebauung auf dem Bergrücken, der zum Marktplatz hin abfällt und dann hinauf zum Schloßberg strebt. Auf dem festen Boden dieses Bergrückens hatten die Einwohner der Stadt ihre Stadthäuser aufgebaut, nachdem sie sich Keller in den felsigen Untergrund geschlagen und mit Faulschiefer eingewölbt hatten. Dieser Bergrücken fällt nach Osten hin fast senkrecht ab. Der schroffe Felsabsturz, der sich im Mittelalter über weite Strecken zur Sicherung der Nordostflanke der Stadt nutzen ließ, erhielt eine steile Zufahrtsrampe, über die man durch ein Tor sehr mühselig hinauf in die ummauerte Stadt zu dem Großen Markt gelangen konnte. Den beladenen Fuhrwerken mußte im Tal ein zusätzliches Gespann vorgesetzt werden, damit dieser steile Zuweg zu bewältigen war. Zu den wenigen übrigen Einfahrten in die Stadt war leichter zu kommen.
Auf der anderen Seite dieses Bergrückens erstreckte sich eine feuchte Niederung, die sich um den Schloßberg herumzog. Sie bot wohl anfangs wegen des weichen Erdbodens Schutz, wurde später jedoch in den ummauerten Stadtraum aufgenommen, ohne daß dies in diesem Gebiet zu einer dichten Besiedlung geführt hätte. Hier lagen Bleichwiesen und Gärten am Bachlauf, von dem man einen Wasserlauf abgezweigt hatte, der von den Färbern in der Stadt genutzt wurde. Die Färberbachgasse erinnert noch daran. Der Steinweg mußte diese moorastige Niederung queren, dessen Name auf die vielen Steinbrocken zurückgeht, die zur Verfestigung der ursprünglichen Ausfallstraße nach Koblenz eingebracht waren. Am Steinweg hatten die Häuser der Randbebauung keine Keller bekommen, da damals noch keine Möglichkeit gesehen wurde, bei einem solchen feuchten Baugrund Eintiefungen vorzunehmen und trockene Keller zu bauen. Durch den Steinweg gelangten die Reisenden oder Fuhrleute zum Schöffentor. Von hier aus gab es einen Weg nach Koblenz.
Der Steinweg verlor an Bedeutung, als die "Chaussee nach Coblenz", also die Trasse der jetzigen Koblenzer Straße, auf dem Bergrücken der Stadt im 18.Jahrhundert angelegt worden war. Ab dieser Zeit übernahm das Peterstor nahe der doppeltürmigen Kirche St.Peter in Ketten die Rolle des Schöffentores, bis es in der Biedermeierzeit überflüssig wurde, weil die Stadttore auf staatliche Anweisung hin für immer offenzuhalten waren. Man riß die Torbauten schließlich ab, um sich Unterhaltungskosten zu sparen. Die Baustoffe wurden versteigert. Den Einwohnern, die in der politischen Verantwortung standen, weil ihnen das durch das ständestaatliche System zugeschanzt war, fehlte der Bürgersinn, altes Kulturgut zu wahren. Montabaur hätte sich problemlos modernisieren können, ohne seinen mittelalterlichen Charakter zu zerstören. Das Verkehrsaufkommen in die Stadt war noch gering. Nichts sprach gegen den Erhalt des Berings aus Steinmauern und Stadttoren. Nur der Geiz der lenkenden Oberschicht führte zur Vernichtung der historischen Ummauerung.

Es gibt einige Aufsätze und etliche historische Abriße zur frühen Stadtgeschichte, die den Anschein erwecken, als wolle man damit den leichtsinnigen Umgang mit der historischen Stadtstruktur überdecken und betrauern. Dazu kann auch der Versuch gezählt werden, das historische Fachwerk der verputzten Fassaden wieder freilegen zu lassen. Man tat dies nach dem Zweiten Weltkrieg in einer Phase der Mittelalterbegeisterung, die so wirkte, als könne darüber das untergegangene Mittelalter der Stadt zurückgewonnen werden. Leider hatte Montabaur im Mittelalter zwei Stadtbrände erlebt, sodaß diese historische Bebauung fast vollständig verschwand. Bei den Einheimischen, genauso bei den Gästen der Stadt, hat sich der Eindruck festgesetzt, man bewege sich durch das ganz alte Montabaur, wenn man sich in den Altstadtgassen bewegt. Es ist dies jedoch eine wesentlich jüngere Stadt, die nach den großen Stadtbränden und im Laufe der Jahrhunderte aufgebaut wurde.

Landläufig werden seitdem Fachwerkbauten für sehr wertvoll gehalten, die Architektur der anderen Epochen, oder die mit anderen Baustoffen gebaute Architektur ist den Einwohnern weniger oder nichts wert. Ihnen fehlen die Werthaltungen, die durch baugeschichtliche Literatur vermittelt werden, denn zu Montabaur gibt es keinerlei geschriebene Baugeschichte.

Bislang hat man es leider immer wieder versäumt, die Zeit der Moderne von Montabaur zur Darstellung zu bringen, die dadurch aufkommen konnte, weil die Stadttore auf Dauer offen blieben und die Gewerbefreiheit eintrat. Ab dieser Zeit konnten prächtige Vorstädte um den mittelalterlichen Bering entstehen. Begüterte Kreise entflohen der Enge der Altstadt und bauten sich Stadtvillen mit prachtvollen Parkanlagen. Das Professorenviertel an der Koblenzerstraße, genauso das Tiergartenviertel unter dem Schloßberg, sind solche Wohngegenden, die mit großartigen Stadtvillen bebaut wurden.

Diese Gebäude entstanden seit der Biedermeierzeit, die meisten von ihnen jedoch erst gegen Ende des 19.Jahrhunderts und in den ersten Jahrzehnten des 20.Jahrhunderts, da sich die wirtschaftlichen Kräfte in der Stadt lange Zeit nicht richtig entfalten konnten. Dies geschah erst, als Montabaur an die Eisenbahnlinien angeschlossen war und wirtschaftlich aufstreben konnte. Man findet deshalb Architektur des biedermeierzeitlichen Klassizismus, der Neugotik, der Neorenaissance, des Neobarock, des Jugendstils, des Expressionismus und des Art Deco in diesen Stadtteilen.

Auch Bauten der Heimatschutzbewegung, selbst die aus der Zeit des Nationalsozialismus und aus der frühen Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, sind in Montabaur aufzufinden und blieben bisher ohne Dokumentation. Eine Baugeschichte zu all diesen Gebäuden wurde bis heute nicht verfaßt, was genauso für das gesamte Stadtgebiet ausgesagt werden muß, zu dessen Fachwerkbauten nicht einmal wissenschaftliche Publikationen der obersten Denkmalschutzbehörde des Landes Rheinland-Pfalz vorliegen, aus denen sich die Einwohner der Stadt Wissen anlesen könnten.

Es liegt ein Zustand der Unterentwicklung vor, der in weiten Teilen des ländlichen Raumes in der Bundesrepublik Deutschland vorhanden sein muß. Wie sich das verändern läßt, ist eine offene Frage, da der Zugang zu den Archivalien parteipolitisch und aus anderen Gründen erschwert wird.

Montabaur erlebte wegen des Ersten Weltkrieges eine lange Besatzungszeit. Zunächst hatten die Amerikaner das Stadtgebiet besetzt, nach vielen Jahren übernahmen die Franzosen als Besatzungsmacht den Stadtraum. Diese Besatzer zogen sich erst im Jahre 1929 zurück, also nur wenige Jahre bevor der Nationalsozialismus im Deutschen Reich seine Diktatur einrichtete und eine weitere schlimme Zeit über Montabaur hereinbrach. Die Judenverfolgung führte zur Flucht vieler jüdischer Familien aus der Stadt, viele andere wurden deportiert. Die Synagoge ging in Flammen auf. Die Bemühung war groß gewesen, die Hinweise auf die jüdische Bevölkerung im Stadtgebiet zu löschen. Der Name Judengasse verschwand über Jahrzehnte. Bis heute wird weitgehend vermieden, die Häuser im Stadtgebiet auszuweisen, aus denen die Menschen jüdischen Glaubens fliehen mußten, oder deportiert wurden.
Die Zeit des Nationalsozialismus wurde bis heute nicht wissenschaftlich aufgearbeitet, sodaß kaum ein Verständnis für die Zeit der NS-Herrschaft im Stadtgebiet vorhanden ist. Wichtige
Archivalien zu dieser Zeit verschwanden aus den Archiven. Die Restbestände waren ausgelagert worden und blieben bis vor wenigen Jahren unsichtbar und unzugänglich in einem Speicherraum eines städtischen Gebäudes gelagert. Nur wenige wußten davon. Als das Gebäude wegen Baufälligkeit der oberen Geschoße leergeräumt werden mußte, traf man auf diese Aktenbestände, die dann in die Hände des Stadtarchivs gelangten.

Bei den Fliegerangriffen im Zweiten Weltkrieg wurde die Innenstadt weitgehend verschont. Nur in einzelne Gebäude stürzten Bomben. Schon wie im Ersten Weltkrieg waren es wieder amerikanische Truppen, welche Montabaur einnahmen und hier dem Krieg ein Ende setzten. Es heißt, daß ein Einwohner jüdischen Glaubens, der von Bewohnern der Stadt in ihrem Gebäude verborgen worden war, vor Freude aus seinem Versteck in einem Gewölbekeller hervorgekommen sei und sich auf einen der amerikanischen Panzer der Befreiungsarmee gesetzt habe, als diese durch die Innenstadt fuhren, um die Stadt einzunehmen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg erlebte die Stadt einen Dirigismus konservativer katholischer Kreise, welche in der Nazizeit unterdrückt worden waren und nun über die Geschicke der Stadt genau wachen wollten. Man ertränkte die Kritik an dieser katholischen Vormundschaft auf den jährlichen Karnevalsveranstaltungen, mit denen sich immer eine neue gute Gelegenheit bot, kritische Stimmen ins Lächerliche zu ziehen. Der katholische Pfarrer galt bei vielen als der zweite Bürgermeister der Stadt, der akribisch darüber wachte, wer sich am katholischen Gemeindeleben und am Gottesdienst beteiligte und wer nicht. Eltern schickten ihre Kinder in die religiösen Veranstaltungen oft genug aus Angst vor Repressalien. Im Religionsunterricht wurden Kinder, die zugaben, nicht am gemeinsamen katholischen Sonntagsgottesdienst teilgenommen zu haben, in die Ecke des Klassenzimmers gestellt, bis bei dem Geistlichen der Zorn verraucht war.

Bekannt ist die Geschichte eines Gymnasiallehrers, den derselbe katholische Pfarrer in die Heirat drängen wollte, weil er unverheiratet mit einer Frau zusammenlebte. Aus Protest trat der Lehrer aus der katholischen Kirche aus. Er empfand dieses Vordringen des Pfarrers in seine private Welt als Zumutung, die nicht zu sein hat. Als dieser Lehrer sich ein Haus mit rotem Ziegeldach baute, intervenierte der Pfarrer und verschrie ihn in der Stadtverwaltung, da er das rote Dach für einen Ausdruck der politischen Gesinnung des Lehrers hielt. Der Lehrer sollte dazu gezwungen werden, auf eigene Kosten die rote Dacheindeckung zu entfernen und sie durch dunkle und graue Dachziegel zu ersetzen. Der repressive Vorgang konnte dadurch abgewendet werden, weil sich im Bebauungsplan nur die Vorschrift auffand, dunkle Dacheindeckung sei zu nehmen. Es konnte von Seiten der herrschenden Christdemokraten, welche die Angelegenheit im Stadtrat entscheiden wollten, nicht nachgewiesen werden, daß rote Dachziegel keine dunklen sind. Man mußte sich zähneknirschend der Verwaltungsvorgabe beugen.

Obwohl man das als Provinzposse abtun kann, beherrschte ein solches Geschehen die Lebensverhältnisse in einer Kleinstadt auf fast unerträgliche Weise. Es wurde den Einwohnern deutlich, wie wichtig die Trennung von Kirche und Staat auch in Kleinstädten und Dörfern ist.

In der Endphase dieser Vorherrschaft konservativer katholischer Kreise kam es im Stadtgebiet zu ausgreifenden Flächensanierungen. Als Ersatz der Durchgangsstraße durch die Altstadt, die in eine Fußgängerzone zu verwandeln war, wurde eine Umfahrung geschaffen, welche zum Anlaß genommen wurde, die verbliebene bäuerliche Kultur innerhalb des ehemaligen ummauerten Stadtgebietes zu vernichten. Innerhalb weniger Jahre wurden fast alle noch bestehenden Bauernhöfe des Ackerbürgertums der Zerstörung preisgegeben, ohne dabei auf den Erhalt der gewachsenen Altstadtstruktur zu achten. Aber es verschwanden nicht nur Bauernhöfe, sondern ganze Straßenzüge, auch ein Kloster, ein Hospiz und zahllose andere das Stadtbild prägende Bauten der historischen Innenstadt. Der Verlust dieser Gebäude führte schließlich zum öffentlichen Protest, als ein ehemaliger Gefängnisbau, der zur Stadtvilla umgebaut war, abgerissen werden sollte. Aber es entstand nicht nur diese politische Manifestation, sondern es kam auch zu der Gründung einer konservativen Gegenpartei zu den seit langem vorherrschenden Christdemokraten. Seitdem ist, so heißt es, die Geschäftswelt in zwei große politische Blöcke gespalten, und es wird selbst innerhalb der Verwaltungsspitze gesagt, daß der frühere Zusammenhalt der Einwohner der Stadt nicht mehr gegeben sei. Diese Aufspaltung hat auch zum Niedergang des Karnevals geführt, was deutlich darauf hinweist, welche politische Bedeutung der Karneval einst innehatte.

Man müßte sich wesentlich dezidierter mit der Gesamtentwicklung dieser Kleinstadt beschäftigen, weil diese Rahmenbedingungen jeweils auf die gebaute Stadtentwicklung Einfluß hatten. Eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dieser haarsträubenden Entwicklung wurde immerzu unterlassen.

Absurderweise verschwanden in der Niedergangsphase der konservativen katholischen Vorherrschaft in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg sehr viele im Namen Christi aufgeführte Bauten. Verloren gingen dabei gebaute Kostbarkeiten, die unbedingt hätten erhalten werden müssen, weil sie ein wichtiger Teil der Baugeschichte der Stadt waren. Zu diesen Gebäuden gehörte das der ehemaligen höheren Mädchenschule hinter der Kirche St.Peter in Ketten, in dem vor Abriß Teile der regionalen Verwaltung untergebracht waren. Der Nachfolgebau mußte wegen Asbestverseuchung ebenfalls niedergelegt werden.

Es gab aber auch solche, für eine Kleinstadt gewaltige Baukomplexe auf dem Gelände der Barmherzigen Brüder, einer Klostergemeinschaft, die sehr viele Gebäude zur Unterbringung von Kranken geschaffen hatte, welche ebenfalls durch Abriß untergingen. Zu dieser Zeit wurde ein grosser Teich zugeschüttet, der Teil der mittelalterlichen Wasserversorgung der Stadt gewesen war und hätte erhalten werden müssen. Statt danach zu suchen, wie das Wasserversorgungssystem ehemals beschaffen war, reagierte man völlig absurd und vernichtete bedenkenlos, was wichtiger Bestandteil der städtischen Baugeschichte gewesen ist.

Die Stadtzerstörung brach sich jedoch weiter Bahn. Es ist dringend notwendig, sich ein zeitliches Gerüst dieser Vernichtungsphasen zu erarbeiten, um das gesamte Ausmaß der Zerstörung im Zusammenhang mit anderen Vorgängen in der Stadtentwicklung zu verstehen. Denn zu gleicher Zeit unterblieb jede Baugeschichtsschreibung, was den historischen Stadtraum immer weiter entwertete.

Zur Zeit ist die schon im Mittelalter nachweisbare Vorstadt Allmannshausen durch die Verkehrsplanung bedroht. Nachdem über Jahrzehnte nicht daran gedacht wurde, die historischen Gebäude gut zu schützen, ist man nun darauf aus, durch einen großflächigen Verkehrskreisel die beiden Teile von Allmannshausen auseinanderzureißen und die Durchgangsstraße durch Allmannshausen nochmals zu verbreitern. Man muß sich den ganzen Unsinn, der den Stadtteil bedroht, vor Augen führen. Von der engen Gasse des Hinteren Rebstocks gelangt man über einen Bereich, an dem sich bis in die Biedermeierzeit ein Stadttor befand, zu dem Teil von Allmannshausen, der noch auf der Schloßbergseite liegt. Eine Treppe geht zur inzwischen stark befahrenen Alleestraße hinab. An dieser Stelle soll ein Verkehrskreisel ein breites Loch in den Stadtteilraum reißen, wo sich früher ein schmaler Weg befand, der durch Allmannshausen hindurchführte.
Von den Bauernhäusern, die hier erbaut worden waren, ist nur noch wenig erkennbar, was an Umbauten liegt. Durch Asphaltierungen weiter Teile des sehr alten Stadtteiles wurde einseitig
dem Autoverkehr Raum geschaffen, auch um Parkplätze zu erhalten. Dieser Strassenverkehrsraum soll nun noch mehr vergrößert werden.

Der dörfliche Charakter von Allmannshausen wurde fast vollständig vernichtet. Er könnte noch zurückgewonnen werden, wenn es gewollt würde. Mühlengräben, die zu einer Mühle führten, deren Wasser zur Mühle an der Eichwiese weiterliefen, verschwanden. Ebenso ist der Mühlenbetrieb nicht mehr nachvollziehbar gehalten worden. Dessen ehemalige Wasserläufe liessen sich rekonstruieren. Was hier als Stadtraum von einer historischen Bebauung übrig blieb, bereitet derzeit nur noch Alpträume und verweist auf politische Kräfte in der Stadt, denen jedes Bewußtsein für richtigen Altstadterhalt abhanden gekommen ist.

Aber man sollte Allmannshausen nicht aufgeben, sondern daran wirken, den dörflichen Charakter und den alten Vorstadtcharakter wiederzugewinnen. Dazu muß die unverantwortliche Verkehrsplanung an dieser Stelle der Stadt aufgehalten bleiben.

Eine städtebauliche Katastrophe nach der anderen hat aus Montabaur nicht nur einen altstädtischen Torso, sondern auch einen weitläufig zersiedelten Stadtraum gemacht. Es ist dem Autowahn zu verdanken, daß alle diese Zerstörungen und Zersiedelungen stattfinden konnten. Worin liegen die Wurzeln für eine solche Vorgehensweise? Es lassen sich viele Antworten geben.

Als die amerikanischen Truppen Montabaur im Ersten Weltkrieg besetzten, kamen sie zwar mit Pferden und Planwagen, mit einer altertümlich anmutenden Reiterei, aber zugleich kamen unzählige amerikanische Automobile mit den Truppen in die Stadt. Lastwagen und Personenkraftwagen waren überall im Stadtgebiet zu sehen. Für die Einwohner war das ein ungewohntes Erlebnis, das ihnen überdeutlich machte, in welcher Unterentwicklung sie im Westerwald und in Montabaur lebten. Mit Neid müssen die Einwohner diese Besatzungsmacht angeblickt haben. Welch ein Fortschritt und welch eine Fähigkeit hatte sich ihnen damals gezeigt. Und wie arm sie dran waren, sahen sie besonders an diesen Automobilen. Sie kamen zu ihnen erst durch das Dritte Reich, eine Begebenheit, die seltsam genug anmutet, da bereits in der Weimarer Republik der Aufbau von Autobahnen und die Herstellung von Automobilen für jedermann vorbereitet worden war.
An Montabaur vorbeigeführt entstand die Autobahn von Köln nach Frankfurt. Ein Zubringer führte aus dem historischen Stadtraum hinauf zu dieser Autobahn. Den Einwohnern wird das Automobil so erschienen sein, als sei es durch die militaristisch ausgeformte Gesellschaftsordnung im Nationalsozialismus endlich möglich geworden, auch als Deutscher ein Auto zu haben. Aber erst nach dem Untergang des Dritten Reiches erfüllte sich der Traum für die meisten Einwohner der Stadt, endlich über ein Auto zu verfügen. Dem für möglichst alle vervielfältigten Auto mußte die autogerechte Kleinstadt Montabaur nachfolgen. Und um sich das Auto zu erhalten, mußte all das von der Stadt untergehen, was diesem Autotraum nicht entsprach. So wurde aus dem Nachkriegstraum zugleich ein Alptraum, weil die historische Stadt dem Auto preisgegeben worden war und der Landschaftsraum um diese historische Stadt völlig zersiedelt wurde.

Montabaur, dessen Alleestraße in unseren Tagen von Autoverkaufsstätten und Autoreparaturwerkstätten geprägt ist, hat bislang noch niemals eine zusammenhängende Geschichte des Automobilverkehrs in der Stadt erhalten. Es gibt einige Marginalien zum Beginn des motorisierten Verkehrs in der Stadt, die aber kaum ein Verständnis dafür entfachen können, wie sich diese Entwicklung abspielte. Man weiß, wo sich erste Motorradverkäufe abspielten, kennt einige Standorte des Benzinverkaufs, weiß aber im Grunde genommen nichts über die gesamte Entwicklung des Autoverkaufs und des Haltens von Automobilen, von Lastwagen und Reisebusse, usw., was schließlich in Montabaur zu einer weitgehend zerstörten Innenstadt und zu einem völlig zersiedelten Stadtraum führte.

Über diese verheerende Entwicklung muß endlich baugeschichtlich gearbeitet werden. Die Einwohner von Montabaur haben ein Anrecht darauf, diese seltsame Stadtentwicklung zu verstehen, an der die meisten durch den Kauf eines Autos beteiligt waren.

Man war natürlich nach dem grauenhaften Geschehen des Zweiten Weltkrieges froh, mit dem Auto nach Italien und anderswohin aus dem Alltag in der Stadt entfliehen zu können, auch war es den meisten Einwohnern sehr bewußt, daß mit dem Autoverkehr sehr viel Stadtzerstörung einherging. Aber es wurde nicht darauf reagiert, was den Autowahn hätte abmildern können. So zerfiel also das noch kleine städtische Gewebe zu einem Siedlungsbrei, der das Auto geradezu erzwang. Es konnte von der Politik zum Stadtzerstörungswerkzeug gemacht werden. Wer darauf aus war, Autos zu verkaufen, benötigte Politiker, die auf Stadtzerstörung aus waren. Wer darauf aus war, überall dem Auto den Weg zu bereiten, der benötigte eine Partei, die das unterstützte und auf Zersiedelung der Landschaft aus war.

Weiträumig konnte ehemals landwirtschaftlich genutztes Bauernland im Wert gesteigert werden, da es zu Bauland umgewidmet wurde. Der städtischen Lebensgemeinschaft wurden
Erschließungskosten aufgezwungen, die von den Grundstückskäufern und Bauherren zurückzuzahlen waren. Mit der Zersiedelung wuchsen immer weitere Kosten mit, bis das System endlich an seine Grenzen kam. Jetzt steht man vor einem Scherbenhaufen und weiß als Stadtverwaltung nicht mehr, wie sich die Weiterentwicklung der Stadt finanzieren läßt. Und die Auswirkungen dieser Fehlentwicklung sollen noch schlimmer werden.

Ähnlich wie der Steinkohlen- und Braunkohlenabbau wird die Autoindustrie bald in eine große Krise geraten, weil es keinen Sinn mehr macht, immerzu nur auf das Auto zu setzen, das sich
schon lange als eine zerstörende Kraft erwiesen hat. Es ist auch an der heraufkommenden Klimakatastrophe mitverantwortlich. Noch klammert sich die bislang im Stadtraum vorherrschende parteipolitische Kraft an das Auto. Sie verweigert zugleich den wesentlich sinnvolleren Aufbau eines Verkehrsverbundes für den öffentlichen Nahverkehr, der zu optimieren und preisgünstig zu gestalten sein wird. Die politische Kraft hat sich in die Idee verrannt, das weiterzuführen, was bisher Leitidee war. Sie will den Autowahn weitertreiben, selbst in einer Zeit der hohen Arbeitslosigkeit und der seltsamen Arbeitsangebote in einem Arbeitsamt, die zu fast jedem Jobangebot die Mitteilung geben: "PKW erforderlich".

Wen es noch in einer solchen Region hält, der wird ins Auto gezwungen, oder er verarmt durch parteipolitische Fehlhaltungen, die man durchaus für kriminell halten darf, denn sie zwingt Menschen in Autos, die wissen, daß damit nur noch viel Zerstörung einhergeht.

Die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg wird also vom Autowahn beherrscht. Diesem Wahn entspricht eine Stadtentwicklung, durch die historischer Stadtraum zerstört und ein großer Landschaftsraum unnötig zersiedelt wird. Man kann diese Wahnsinnigen in den Parlamenten und den zugehörigen Ausschüssen nur dadurch aufhalten, indem sie nicht mehr durch die Einwohner in diese Gremien gewählt werden. Es liegt also am Verhalten der Einwohner der Stadt Montabaur selbst, wie die zukünftige Stadtentwicklung aussehen wird.

Wollen die Einwohner, daß wir enger zusammenrücken, damit der Weg in das Stadtzentrum kürzer wird? Würde das gewollt, würden die Wohnungen in den Stadthäusern in der Innenstadt wieder bewohnt. Wollen die Einwohner an einen gut funktionierenden öffentlichen Verkehrsverbund angeschlossen werden, der jedem Haushalt zu günstigsten Bedingungen zur Verfügung steht und sie in dichter Taktzahl der Busse und Bahnen überall hinbringt, auch nachts? Dann müssen sie durch ihr Wahlverhalten nur noch die Parteien wählen, die darauf aus sind, den Autowahn einzudämmen. Wer dem Autowahn Einhalt gebietet, erhält nicht nur die Kleinstadt Montabaur besser, sondern er trägt auch zur Erneuerung der untergegangenen Dorfzentren im Umkreis von Montabaur bei. Wir schlußfolgern:

Die Beschäftigung mit der Baugeschichte führt auch zu einem Bewußtsein dafür, wie sich Stadt anders entwickeln sollte. Durch Baugeschichte kommt man darauf, wie Stadtraum sein könnte, wenn er sinnvoller entwickelt wird. Baugeschichte ist ein wichtiges Instrument zum Verständnis einer Stadt. Sie liefert die Grundlage für eine bessere Stadtentwicklungspolitik und hebt uns in ein Verständnis von der Vergangenheit der Stadt.

Karl-Ludwig Diehl
http://vub-virtuelleuniversittfrdasbauwesen.blogspot.com/


Freitag, 26. Dezember 2008

Die Alleestraße entstand als Teilstück einer Umfahrung des Schloßberges

Die Alleestraße trägt einen schönen Namen, der vielversprechend klingt. Sie liegt zudem an einer privilegierten Stelle der Stadt unterhalb des Schloßberges. Wer sich jedoch heutzutage auf dieser Straße bewegt, der fragt sich, ob einmal ein ganz anderer Gedanke dahinter stand, als diese Straße geplant wurde. Die Straße ist Teilstück einer Umfahrung des Schloßberges. Man hatte diese Umfahrung angelegt, damit nicht länger die sehr steile Rampe der Sauertalstraße genutzt werden mußte, um in Richtung Limburg aus der Stadt fahren zu können. Die Alleestraße ist deshalb eine Maßnahme gewesen, durch die die Modernisierung der überregionalen Straßenverbindungen eingeleitet wurde.
Wer sich über die neue Chaussée der Bahnhofstrasse in Richtung Limburg weiterbewegen wollte, konnte nach Bau dieser Trasse an der Kreuzung mit der Eschelbacher Straße abbiegen und fuhr dann unterhalb des Schloßberges durch Wiesen und Felder. Etliche Wasserläufe, die manchmal Mühlen zugeführt waren, begegneten dem Reisenden. Auf halber Strecke traf er auf Allmannshausen, ein Stadtteil, der ursprünglich vor der Stadtmauer unterhalb des Hinteren Rebstocks lag und sehr alt ist. Die Stadtmauer ist nur noch in Resten zu sehen.
Vereinzelt lagen Bauernhöfe am Wegesrand der Alleestraße. Zur rechten Hand öffnete sich hinter dem Schloßberg der Blick auf die Eichwiese und den Felsabsturz, über dem sich die mittelalterliche Stadt erhob, bevor sie bei Stadtbränden weitgehend verschwand und zwei Mal neu aufgebaut werden mußte. Unterhalb dieses Felsabsturzes verelendete der Stadtraum in guten Teilen.
Es ist dringend notwendig, zu jedem dieser Gebäude, auf die man an der Alleestraße trifft, eine baugeschichtliche Untersuchung einzuleiten, da die Überformung durch Umbauten, Erweiterungen und Beschilderungen ein Ausmaß erreicht hat, das so drastisch noch nirgends im Stadtbild anzutreffen war.
An der Alleestraße haben sich Autohäuser und Werkstätten für Autoreparaturen angesiedelt, und manches Gewerbe ist über diese Altbauten hergefallen, als seien Gebäude Freiwild, welches jeder behandeln darf, wie er will. Von den Gärten, Wasserläufen und Alleebäumen ist im Vollzug dieser Baumaßnahmen nur noch wenig übriggeblieben. Die gewählten Gremien der städtischen Bevölkerung haben bei dieser Straße Schwächen gezeigt, die nur noch durch die Flächensanierungen im ehemals ummauerten Stadtraum übertroffen wurden.
Es lohnt sich, für die Gebäude an der Alleestraße ein baugeschichtliches Gerüst zu erstellen. Es muß auch über alles das baugeschichtlich gearbeitet werden, was früher auf den Grundstücken stand und verschwand.
Die historischen Fotos lassen Bauernhöfe erkennen. Es finden sich aber auch Stadtvillen und andere Gebäude, die durch neue Gewerbe aufkamen. Es müssten sämtliche Vorgänge, die mit dem Umbau der Straße einhergingen und zu der Ansiedlung von Tankstellen, Autowerkstätten, Autoverkaufsstätten, usw. geführt hatten, nachvollziehbar gemacht werden. Dazu müssen viele Fotos und Baupläne herangezogen werden.
Ein besonders wichtiges Thema ist der Wasserbau, der an dieser Straße stattgefunden haben muß, denn Bachläufe und offene Wässergräben waren vorhanden, die einige Strecken mit der Straße verliefen, oder sie kreuzten. Fast alles verschwand durch Verrohrung. Doch muß es zuvor auch Brückenbau an dieser Straße gegeben haben, da über Wasserläufe zu den Grundstücken zu kommen war. Hinweise auf diese Bauwerke müssen aufgefunden werden.
Nicht unerwähnt bleiben darf das Sägewerk an der Alleestraße, das eine bewegte Geschichte hat. Viele Flächen davon wurden umgenutzt. An anderer Stelle, wo sich früher eine Möbelfabrik befand, wirtschaftet heute ein Supermarkt. Nahe der Ansiedlung Allmannshausen kam ebenfalls ein Supermarkt hinzu. Angehäuft wurden Verkaufsstellen, die fast alle auf den regen Autoverkehr angewiesen sind.
Hinter einer der Gebäudezeilen fießt ein munterer Bach, der ab dem Sägewerk die Alleestraße begleitet. Er kreuzt die Ausfallstraße nach Limburg an einer Stelle, vor der bereits das Ende der Alleestraße an einer fast unübersichtlichen Straßenkreuzung liegt.
Sowohl die Rückansichten wie die Hauptfassaden an den Vorderseiten der Gebäude sind relativ gut auf alten Fotografien zu erkennen. Man wird zur baugeschichtlichen Bearbeitung aller Fassaden die historischen Pläne auswerten müssen, falls sie sich noch erhalten haben.
Alte Luftfotografien lassen erkennen, daß die Bauten an der Alleestraße sehr weit auseinander standen. Bei Bauernhöfen ist anzunehmen, die Rückgebäude waren Scheunen. Aus ihnen wird man später oft genug Werkstatträume gemacht haben, falls unaufwendig Umnutzungen vorzunehmen waren.
Die Allee, die an der Alleestraße angepflanzt wurde, könnte einige Zeit sehr stattlich gewesen sein. Es fragt sich nur, wie lange, denn in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg wurden den Straßenverbreiterungen viele Alleen geopfert. Aber nicht nur Alleebäume fielen den neuen Anforderungen zum Opfer, auch ganze Gebäude. So wurde etwa an dieser Allee ganz am Ende der Straße ein Schulbau niedergelegt.
Die Alleestraße besteht aus zwei geraden und langen Straßenabschnitten, die durch eine Kurve auf Höhe von Allmannshausen verbunden sind. Hier lagen dicht an dicht Altbauten des ehemaligen Armutsviertels der Stadt. Auf einem frühen Gemälde sieht man diese Stelle der Ansiedlung ohne einen solchen Weg, sodaß man davon ausgehen kann, er müßte eigentlich erst durch diese Schloßbergumfahrung entstanden sein, die wir Alleestraße nennen. Zuvor bestand ein Weg, der aus der ummauerten Stadt über den Kleinen Markt zum Vorderen Rebstock führte, dann über den Hinteren Rebstock eine Fortsetzung fand, wo durch eine Pforte aus der Ummauerung gegangen werden konnte. Von hier aus gab es eine Verbindung nach Allmannshausen und durch diesen Vorort hinaus nach Staudt. Nur diesen Weg können wir auf dem alten Gemälde vermuten.






















Freitag, 5. Dezember 2008

Früher führte der Steinweg aus der Stadt nach Coblenz

Der Steinweg ist neben der Sauertalstraße, der Kirchstraße, dem Großen und Kleinen Markt eine der ältesten Gassen der Ansiedlung, die später Montabaur genannt wurde. Es dürfte sinnvoll sein, sich mit der genauen Entwicklung dieser Straße zu befassen.





















Es heißt, daß dieser Weg deswegen Steinweg genannt wurde, weil eine Niederung zu queren war, die von einem Bachlauf immerzu durchnäßt wurde. Der Untergrund des Weges war also weich und mußte durch Steine befestigt werden, damit hier Fuhrwerke fahren konnten.

Die Ansiedlung Montabaur war auf einem Bergrücken gegründet worden, dessen Landschaftsform zum Großen und Kleinen Markt hin abfiel. An dieser Stelle zweigt der Steinweg ab, wo der Bergrücken sehr niedrig ist. Der Weg führt zunächst rampenartig vom Kleinen Markt hinunter. Danach bewegte man sich auf dem Steinweg quer durch die feuchte Niederung, um danach wieder festeren Grund zu erreichen. Hier knickte der Weg ab und führte zum Schöffentor der ummauerten Kleinstadt, von wo aus ein Weg bis Coblenz angelegt worden war. Über den genaueren Verlauf schweigen sich die Chronisten der Stadt aus, da ein Nachweis über die genaue Wegeführung in Richtung Coblenz strittig ist. Mündlich wurde mir vorgetragen, es bestünde die Möglichkeit, daß über den Fürstenweg verlaufend diese Straße am Spießweiher vorbei bis Coblenz ging. Aber der Weg kann genauso gut durch das spätere Kannenbäckerland geführt gewesen sein. Oder es gab beide Routen.


Die Häuser am Steinweg lassen noch die ganz frühe Bebauung erahnen. Kleine, oft schiefe Bauten, stehen dicht zusammen. Manch einer hat das historische Gefüge dieser Gebäude nicht ertragen können und durch Abriß und Neubau einen Eingriff in die Randbebauung der Straße versucht. Solche Schritte sind zwar nachvollziehbar, aber den Planern, die von den Bauherren unter Druck gesetzt werden, hier Neubauten zu versuchen, gelingen dann niemals solche Planungen, die dem Ort entsprechen. Auch mit Erweiterungen der Gebäude konnte nur Schaden angerichtet werden. Da der Wunsch der Hauseigentümer nach moderneren Wohnverhältnissen an diesem Steinweg verständlich ist, herrschte hier immerzu ein Ringen mit der Denkmalbehörde, damit bei Baumaßnahmen der Charakter der Altstadtstraße nicht zu sehr beeinträchtigt wird.
Übersieht man das, was sich inzwischen in dieser Straße abspielte, darf man ruhig laut Kritik üben. Modernisierungen haben hier Verhältnisse geschaffen, die fehl am Platze waren.


Es ist dringend notwendig, den Werdegang des Steinweges nachvoll- ziehbar zu machen, denn zu viele Bauten verschwan- den.
Es sollte versucht werden, für jedes Haus, das hier stand, eine Dokumentation zu erstellen, damit das, was sich am Steinweg in späterer Zeit entfaltete, in seinem Werdegang verständlich wird. Das Material dazu, um eine solche Aufarbeitung leisten zu können, wird, bisher unzugänglich gehalten, in den Denkmalschutzbehörden lagern. Alles dazu, was sich noch zu den Bauwerken auffinden läßt, muß zusammengesucht werden, um ein möglichst vollständiges Bild von der Baugeschichte dieser Straße zu erhalten.



Neben den Bauten, die hier standen und noch stehen, vielleicht neu erbaut wurden, interessiert die Geschichte des Straßen- und des Wasserbaus in dieser Straße. Sie wurde vom Färberbach gequert, der dann hinter einer der Häuserzeilen des Steinweges weiterlief. Es wäre gut, wenn man Hinweise auf frühere Straßenzustände des Steinweges zusammentragen würde, um daraus ein möglichst klares Bild von den Ergebnissen der jeweiligen Baumaßnahme abzuleiten.




Da der Steinweg eine so alte Ausfallstraße ist, zu der es zunächst nur den steilen Weg ins Sauertal als Weg in die Gegenrichtung gab, muß hier sehr viel zur physischen Geschichte dieses Straßenzuges geforscht werden. Die bisherigen Darstellungen in den Veröffentlichungen zur Stadtgeschichte von Montabaur sind höchst unzufriedenstellend. Es müssen brauchbarere Einblicke in die Baugeschichte dieser Straße gestaltet werden.






























Es gibt relativ viele historische Fotografien, auf denen sich der Steinweg als Straßenzug auffinden läßt. Eine dieser Aufnahmen zeigt als Luftfoto einen historischen Zustand der Stadt, als der Graben vor der ehemaligen Stadtmauer noch in weiten Teilen erhalten gewesen ist. Man sieht diesen Graben in großer Länge vor sich, wenn man vom sogenannten Wolfsturm den Graben nach links bis zur Wallstraße verfolgt. Deutlich zu sehen ist hier, daß der Steinweg nicht geradeaus durch die Stadtmauer geführt worden war, sondern in Richtung Schöffentor abknickte, das an der Ecke dieser Straße mit der späteren Wallstraße stand und recht stattlich aufgemauert war. In dieser Zeit, als der Stadtgraben noch sehr weitläufig vorhanden war, unterließ es die Stadtverwaltung diesen noch sichtbaren und historischen Stadtgraben zu sichern. Sie tat es auch später nicht, sodaß wir als Bürger dieser Stadt Montabaur die Frage stellen dürfen, warum eine solche Nachlässigkeit bei politischen Entscheidungsträgern geduldet wurde. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg waren immer noch große Teile des Stadtgrabens erhalten, und wurden erst dann aufgrund von Fehlentscheidungen zugeschüttet.

Die Beschäftigung mit dem Steinweg läßt überdeutlich werden, welche stadtentwicklungspolitischen Entscheidungsfelder falsch strukturiert wurden. An guten Stadterhalt wurde zu wenig gedacht. Leichtsinnig wurde baukulturelles Erbe preisgegeben. Inzwischen ist es schwierig geworden, die Baugeschichte der Stadt Montabaur zu verstehen. All das zeugt von wenig Bürgersinn und deutet auf ein politisches Fehlverhalten, aus dem Verachtung an der historischen Aufbauleistung der früheren Bewohner dieser Stadt herausspricht.



Kleinstädte zu entwickeln, ist sehr schwierig, weil sich diejenigen, welche das Vorankommen der Stadt betreiben, meist zu wenig mit der Baugeschichte der jeweiligen Stadt beschäftigen. Im Falle von Montabaur ist es so, daß den Bürgern keine geschriebene Baugeschichte zur Verfügung steht und stand, und der Denkmalschutz in Rheinland-Pfalz bislang den Raum Westerwald in Publikationen überging, die den Bürgern die Gebäude der Stadt und das historische physische Wachstum der Stadt erläutern. Hier hätte sowohl die Stadtverwaltung von Montabaur wie der Kreistag des Westerwaldes, aber auch der Landtag von Rheinland-Pfalz tätig werden müssen.