Freitag, 26. Dezember 2008

Die Alleestraße entstand als Teilstück einer Umfahrung des Schloßberges

Die Alleestraße trägt einen schönen Namen, der vielversprechend klingt. Sie liegt zudem an einer privilegierten Stelle der Stadt unterhalb des Schloßberges. Wer sich jedoch heutzutage auf dieser Straße bewegt, der fragt sich, ob einmal ein ganz anderer Gedanke dahinter stand, als diese Straße geplant wurde. Die Straße ist Teilstück einer Umfahrung des Schloßberges. Man hatte diese Umfahrung angelegt, damit nicht länger die sehr steile Rampe der Sauertalstraße genutzt werden mußte, um in Richtung Limburg aus der Stadt fahren zu können. Die Alleestraße ist deshalb eine Maßnahme gewesen, durch die die Modernisierung der überregionalen Straßenverbindungen eingeleitet wurde.
Wer sich über die neue Chaussée der Bahnhofstrasse in Richtung Limburg weiterbewegen wollte, konnte nach Bau dieser Trasse an der Kreuzung mit der Eschelbacher Straße abbiegen und fuhr dann unterhalb des Schloßberges durch Wiesen und Felder. Etliche Wasserläufe, die manchmal Mühlen zugeführt waren, begegneten dem Reisenden. Auf halber Strecke traf er auf Allmannshausen, ein Stadtteil, der ursprünglich vor der Stadtmauer unterhalb des Hinteren Rebstocks lag und sehr alt ist. Die Stadtmauer ist nur noch in Resten zu sehen.
Vereinzelt lagen Bauernhöfe am Wegesrand der Alleestraße. Zur rechten Hand öffnete sich hinter dem Schloßberg der Blick auf die Eichwiese und den Felsabsturz, über dem sich die mittelalterliche Stadt erhob, bevor sie bei Stadtbränden weitgehend verschwand und zwei Mal neu aufgebaut werden mußte. Unterhalb dieses Felsabsturzes verelendete der Stadtraum in guten Teilen.
Es ist dringend notwendig, zu jedem dieser Gebäude, auf die man an der Alleestraße trifft, eine baugeschichtliche Untersuchung einzuleiten, da die Überformung durch Umbauten, Erweiterungen und Beschilderungen ein Ausmaß erreicht hat, das so drastisch noch nirgends im Stadtbild anzutreffen war.
An der Alleestraße haben sich Autohäuser und Werkstätten für Autoreparaturen angesiedelt, und manches Gewerbe ist über diese Altbauten hergefallen, als seien Gebäude Freiwild, welches jeder behandeln darf, wie er will. Von den Gärten, Wasserläufen und Alleebäumen ist im Vollzug dieser Baumaßnahmen nur noch wenig übriggeblieben. Die gewählten Gremien der städtischen Bevölkerung haben bei dieser Straße Schwächen gezeigt, die nur noch durch die Flächensanierungen im ehemals ummauerten Stadtraum übertroffen wurden.
Es lohnt sich, für die Gebäude an der Alleestraße ein baugeschichtliches Gerüst zu erstellen. Es muß auch über alles das baugeschichtlich gearbeitet werden, was früher auf den Grundstücken stand und verschwand.
Die historischen Fotos lassen Bauernhöfe erkennen. Es finden sich aber auch Stadtvillen und andere Gebäude, die durch neue Gewerbe aufkamen. Es müssten sämtliche Vorgänge, die mit dem Umbau der Straße einhergingen und zu der Ansiedlung von Tankstellen, Autowerkstätten, Autoverkaufsstätten, usw. geführt hatten, nachvollziehbar gemacht werden. Dazu müssen viele Fotos und Baupläne herangezogen werden.
Ein besonders wichtiges Thema ist der Wasserbau, der an dieser Straße stattgefunden haben muß, denn Bachläufe und offene Wässergräben waren vorhanden, die einige Strecken mit der Straße verliefen, oder sie kreuzten. Fast alles verschwand durch Verrohrung. Doch muß es zuvor auch Brückenbau an dieser Straße gegeben haben, da über Wasserläufe zu den Grundstücken zu kommen war. Hinweise auf diese Bauwerke müssen aufgefunden werden.
Nicht unerwähnt bleiben darf das Sägewerk an der Alleestraße, das eine bewegte Geschichte hat. Viele Flächen davon wurden umgenutzt. An anderer Stelle, wo sich früher eine Möbelfabrik befand, wirtschaftet heute ein Supermarkt. Nahe der Ansiedlung Allmannshausen kam ebenfalls ein Supermarkt hinzu. Angehäuft wurden Verkaufsstellen, die fast alle auf den regen Autoverkehr angewiesen sind.
Hinter einer der Gebäudezeilen fießt ein munterer Bach, der ab dem Sägewerk die Alleestraße begleitet. Er kreuzt die Ausfallstraße nach Limburg an einer Stelle, vor der bereits das Ende der Alleestraße an einer fast unübersichtlichen Straßenkreuzung liegt.
Sowohl die Rückansichten wie die Hauptfassaden an den Vorderseiten der Gebäude sind relativ gut auf alten Fotografien zu erkennen. Man wird zur baugeschichtlichen Bearbeitung aller Fassaden die historischen Pläne auswerten müssen, falls sie sich noch erhalten haben.
Alte Luftfotografien lassen erkennen, daß die Bauten an der Alleestraße sehr weit auseinander standen. Bei Bauernhöfen ist anzunehmen, die Rückgebäude waren Scheunen. Aus ihnen wird man später oft genug Werkstatträume gemacht haben, falls unaufwendig Umnutzungen vorzunehmen waren.
Die Allee, die an der Alleestraße angepflanzt wurde, könnte einige Zeit sehr stattlich gewesen sein. Es fragt sich nur, wie lange, denn in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg wurden den Straßenverbreiterungen viele Alleen geopfert. Aber nicht nur Alleebäume fielen den neuen Anforderungen zum Opfer, auch ganze Gebäude. So wurde etwa an dieser Allee ganz am Ende der Straße ein Schulbau niedergelegt.
Die Alleestraße besteht aus zwei geraden und langen Straßenabschnitten, die durch eine Kurve auf Höhe von Allmannshausen verbunden sind. Hier lagen dicht an dicht Altbauten des ehemaligen Armutsviertels der Stadt. Auf einem frühen Gemälde sieht man diese Stelle der Ansiedlung ohne einen solchen Weg, sodaß man davon ausgehen kann, er müßte eigentlich erst durch diese Schloßbergumfahrung entstanden sein, die wir Alleestraße nennen. Zuvor bestand ein Weg, der aus der ummauerten Stadt über den Kleinen Markt zum Vorderen Rebstock führte, dann über den Hinteren Rebstock eine Fortsetzung fand, wo durch eine Pforte aus der Ummauerung gegangen werden konnte. Von hier aus gab es eine Verbindung nach Allmannshausen und durch diesen Vorort hinaus nach Staudt. Nur diesen Weg können wir auf dem alten Gemälde vermuten.






















Keine Kommentare: