Dienstag, 18. November 2008

Die Gelbachstraße bis zum Steilabfall des Weges

Die Gelbachstraße wird sich aus einem Weg entwickelt haben, der vor der Stadtmauer in das Tal führte, das wir heute als Gelbachtal bezeichnen. Die Straße bildet zusammen mit der Koblenzerstraße, der Peterstorstraße, der Kirchstraße und der Kolpingstraße heute eine vielbefahrene Straßenkreuzung. An der Gelbachstraße konzentrierten sich Schulen, von denen nur noch die Grundschule oder Volksschule an dieser Straße arbeitet. Die anderen Schulen wurden verlegt und die Schulgebäude wurden umgenutzt.


Die Gelbach- straße führt von der großen Straßen- kreuzung zunächst relativ sanft bergab, verläuft daraufhin in einem großen Bogen, um hinter dem großen Schulgebäude, das lange Zeit ein Gymnasium für Mädchen war, steil abzufallen. Dieses Gebäude ist den meisten Einheimischen noch als Pädagogium bekannt. Zuvor hatte es eine andere Bezeichnung. In jüngster Zeit wurde das Gebäude als Jugendzentrum genutzt. Seine Nutzung ist inzwischen sehr eingeschränkt, da Teile des Gebäudes baufällig sind. Es müßte komplett restauriert werden.

Man hat an dieser Stelle, wo sich das letzte Gebäude an dieser Gelbachstraße befindet, die Weiterfahrt gesperrt. Ab da verläuft der Weg schmal und steil. Unterhalb der historischen Altstadt wird dieser Hang in einen Felsabsturz übergehen, doch hier läßt sich noch erkennen, daß trotz der Neigung des Geländes früher eine landwirtschaftliche Nutzung vorgenommen wurde.



Am Beginn dieser Gelbachstraße zweigt ein Weg ab, der früher ebenfalls zu Ausbildungsstät- ten führte. Am Ende dieser, Josef Kehrein Straße genannten Straße lag ein Priesterseminar und eine Schule für Mädchen. Man wird sich genauer mit Gebäuden an der Gelbachstraße beschäftigen müssen, die inzwischen verschwunden sind.

An der Gelbachstraße selbst findet man noch heute die Zufahrt in die Kerzenfabrik und zu ihren Produktionsstätten. Man gelangt außerdem ein Stück weiter bergab zu einer Schotterfläche, die als Parkplatz gegenüber der Grundschule dient. Diese wurde in der Zeit des Expressionismus mit einem Gebäude ausgestattet, das sehr gut den Baustil dieser Zeit zeigt. Dieses historische Schulgebäude ist sehr gut erhalten, dagegen wurde die Turnhalle, die im neugotischen Stil zum Bau kam, nach dem Zweiten Weltkrieg zerstört. Ein Ersatzbau entstand auf dem Schulgelände, das bis zum Steilabsturz des Geländes in das Gelbachtal ausgedehnt worden war. Die Schule erhielt außerdem einen Neubau für die Unterrichtsräume, da die Anzahl der Schulkinder nach dem Zweiten Weltkrieg erheblich anwuchs.





Die historischen Fotos zeigen uns frühere Zustände, als die neugotische Turnhalle und das riesige Backsteingebäude der Mädchenausbildungsstätte im Hintergrund noch bestand.





Es ist sicherlich lohnend, all diese Gebäude, die an der Gelbachstraße bestehen, stilgeschichtlich genau zu analysieren. Gegenüber den Fabrikationsgebäuden der Kerzenfabrik etwa steht ein neugotisches Bauwerk, das vielfach umgebaut wurde. Mancher Eingriff hat der Architektur des Gebäudes sehr geschadet.





Die neugotische Turnhalle dürfte wegen ihrer Architektursprache ebenfalls sehr interessant sein. Es wird sich lohnen, die Archivalien zu diesem Gebäude auszuwerten.








Das alte Turnhallengebäude erhielt Scheunencharakter und erinnert zugleich an einen Sakralbau, dem ein Eingangsgebäude vorgeschaltet ist. Der Fassadenschmuck wurde zurückhaltend gebraucht, verweist aber sofort auf die Gotik. Es herrscht eine klare symmetrische Gliederung in der Hauptfassade.




Neben und ge- gen- über den ehe- mali- gen oder den noch be- ste- hen- den Schulgebäuden erheben sich Wohnbauten, die auch auf das Zeitalter des Historismus verweisen. Diese lange Zeit der Kulturentwicklung war zugleich eine aufregende Zeit des Fortschrittes. Man entdeckte die Vergangenheit immerzu neu und revolutionierte die Geistes- und Naturwissenschaften. Das hohe Interesse an den immer mehr verfeinerten Methoden der Geschichtswissenschaft führte auch zu einem großen Interesse an der Baukunst vergangener Zeiten, die man nachzubauen begann. Manche dieser frühen Epochen wurde idealisiert, und es bildeten sich Gruppen von Neugotikern, solche Zusammenschlüsse, die im Griechentum das Ideal sahen, und andere, die sich für eine Weiterführung der qualitativ hochentwickelten Kultur der Renaissance einsetzten. All dies fand Ausdruck in der Architektur, deren Architekten durch eine Zeit der Romantik, des Biedermeier, der Neugotik und der verschiedensten anderen Denkrichtungen der Baukunst gingen. Mit jeder dieser Architekturströmungen wurden bestimmte Ziele verfolgt. Es ist recht interessant, sich all diese Beweggründe zu vergegenwärtigen.





Was die Bauten an der Gelbachstraße auszeichnet, sind die großen Unterschiede der Baukörper. Schulen mußten in einem anderen Maßstab errichtet werden als Wohnhäuser. Diese wurden meist als kleine Stadtvillen aufgebaut, von denen es welche gibt, die mit Türmen versehen sind.

Man kann nur hoffen, daß zu all diesen Bauten noch Baupläne aufzufinden sind, die sich genauer auswerten lassen. Sollten sie, wie so viele Dokumente zu Bauten der Nachkriegszeit, bereits zerstört sein, reißt das eine empfindliche Lücke in das Verständnis einer langsam gewachsenen Kleinstadt mit ihren Bauten, die in den verschiedensten Baustilen errichtet wurden.










An der Gelbachstraße finden wir viele Altbauten, die nach der Zeit entstanden sind, als verfügt worden war, die Stadttore für immer offen zu lassen. Die Bebauung an der Gelbachstraße formte also eine Vorstadt heraus. Es sollte unbedingt sehr viel über diese Vorstadtentwicklung zusammengetragen werden, die bis heute andauert. Weit unten an der Gelbachstraße entstanden moderne Bauten, die einer Verwaltungseinrichtung der katholischen Kirche als Domizil dienen. Das Schlußlicht bildet derzeit ein Wohnhaus aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg.





Trotz großer Veränderungen im Stadtgebiet macht die Bebauung an der Gelbachstraße noch einen sehr intakten Eindruck. Man sollte sich sehr große Mühe geben, den Charakter dieser Straße zu bewahren.

Karl-Ludwig Diehl
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Virtuelle Universität für das Bauwesen
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